Wer als Erwerbsarbeitsloser „lange genug“ den Versuch unternimmt, wieder in Beschäftigung zu geraten, mag das vermeintliche „Glück“ haben, früher oder später in einem Implacement-Center zu landen, wo angeblich „Defizite“ der „Auszubildenden“ ausgemerzt werden, und somit am Ende die Fähigkeiten und Kenntnisse der Implacement-Center geschulten Erwerbsarbeitslosen gefestigt und erweitert sein mögen.
Die akribische Dokumentation von David Wieser, der eineinhalb Jahre die „Maßnahme“ Implacement-Center über sich ergehen ließ, belegt eindrucksvoll, welche Strukturen Implacement-Center ausmachen, und wie das AMS, die AK, ja selbst die Gerichte und sonstige in die Fallgeschichte involvierte auf offengelegte Fragwürdigkeiten reagierten oder eben nicht reagierten.
Zunächst nämlich schien für den Autor des vorliegenden Buches alles in Ordnung zu sein. Er „absolvierte“ das Implacement-Center und erwartete nach eineinhalb Jahren, endlich als Angestellter übernommen zu werden. Schon nach einem Jahr hätte die Geschichte beendet sein können, doch sein „Chef“ gab vor, dass die Kenntnisse des „Auszubildenden“ noch nicht ausreichend seien, und dies ermöglichte eine Verlängerung der Maßnahme um ein halbes Jahr. Plötzlich aber – von einem Tag auf den anderen – und zwar haargenau in jenem Zeitrahmen, wo der bis dato sehr kostengünstige – nur scheinbare „Arbeitnehmer“ – dem Geschäftsführer der Stiftung etwas gekostet hätte, wurde er unter merkwürdigen Umständen noch innerhalb einer angeblichen „Probezeit“ (nach eineinhalb Jahren Stiftung!) gekündigt, wobei selbst diese Kündigung keineswegs deutlich ausformuliert wurde.
David Wieser beschreibt, wie er anschließend über den Zeitraum von über einem Jahr verschiedentliche Versuche unternahm, Rechte einzufordern. Im Grunde genommen geht es um Selbstverständlichkeiten wie ein Dienstzeugnis (von einem Dienstvertrag war übrigens auch nie eine Spur gewesen), eine Bestätigung über seine Tätigkeit in der Stiftung bzw. die sogenannten „Ausbildungsinhalte“ sowie in weiterer Folge um Geld. Sein sogenannter „Chef“ war nicht bereit, mit ihm am Telefon zu sprechen, bezeichnete die Anrufe seines ehemals sehr kostengünstigen Mitarbeiters als terroristisch, und erlaubte sich auch sonst einige unerklärliche „Aktionen“.
Der Autor enttarnt durch seine Nachforschungen und oftmaligen Auseinandersetzungen mit scheinbar zuständigen Stellen einerseits zahlreiche Eigenartigkeiten eines Systems, das mit Erwerbsarbeitslosen viel Geld lukriert, und andererseits das System selbst als fragwürdig.
Tatsächlich sind Implacement-Center angeblich dazu da, Erwerbsarbeitslosen jene Kenntnisse zu vermitteln, die diesen fehlen, um einen spezifischen Erwerbsarbeitsplatz einnehmen zu können. Umso kurioser ist es, dass David Wieser während seiner Zeit als Stiftling (so bezeichnet er seine damalige „Funktion“) nur marginal irgendwelche Kenntnisse erwerben konnte, und wenn ja, dass er diese sich selbst beibrachte oder zeitlich kurz gesetzte Kurse besuchte. Vielmehr konnte er in den eineinhalb Jahren zahlreiche Projekte in Eigenregie umsetzen, und es wäre also unsinnig, zu behaupten, dass „Defizite“ ausgemerzt worden wären. Dieses sogenannte Implacement-Center sah in David Wieser hauptsächlich eine sehr günstige Arbeitskraft, und unterstützte ihn höchstens marginal. Dadurch wird die grundsätzliche Installierung von Implacement-Centern ad absurdum geführt.
Eines Tages las der Autor zufälligerweise von einer Veranstaltung, wo sich eine Stiftung respektive ein Implacement-Center vorstellen sollte. Er besuchte die Veranstaltung, zu der außer irgendwelchen für diese „Maßnahme“ Zuständigen kaum Interessierte stießen. Ausnahme David Wieser selbst, und ein Ehepaar, das aber nicht wirklich am Vortrag interessiert schien. Die Veranstaltung wurde dennoch pro forma durchgeführt, obzwar also von Publikum keine Rede sein konnte. Die „Verantwortlichten“ lobten sich natürlich selbst, und als sie schließlich der Autor mit einigen Eigenartigkeiten konfrontierte, die ihm in Zusammenhang mit einer „Stiftung“ bzw. Implacement-Center passiert waren, war schnell Feuer am Dach. Außerdem war sein Name mittlerweile auch diesen Menschen bekannt.
Die Erfahrungen von David Wieser mit einem „Unternehmen“, das sich einer nahezu kostenlosen Arbeitskraft über eineinhalb Jahre bediente, ist ein gutes Beispiel für die grundsätzlichen Strukturen, die Erwerbsarbeitslosen angeblich „Bildung“ angedeihen lassen sollen. Egal, ob es um Implacement-Center, sogenannte „Transitarbeitsplätze“, Bewerbungs-Coachings und diverse sonstige Unsinnigkeiten geht: Mit „Bildung“ hat das alles nichts zu tun, und die Behauptung eines inkompetenten Ministers, dass „Kursmaßnahmen“ und die beschriebenen „Ausbildungsprinzipien“ Arbeitslosigkeit bekämpfen würden, weil die „Erfolgsquote“ sehr hoch sei, ist nicht nur zu bezweifeln, sondern gleichermaßen nicht mehr als eine Vortäuschung falscher Tatsachen. David Wieser weiß genau, was Bildung eigentlich darstellen sollte, und das dieses merkwürdige Implacement-Center diesbezüglich völlig blank ist.
Mittlerweile gibt es einige hundert „Bildungsträger“, die mit Erwerbsarbeitslosen sehr viel Geld lukrieren, und die freilich auf Aufträge angewiesen sind, welche das AMS ermöglicht. Es handelt sich also um eine weitverzweigte Geschäftspraktik, von der viele Pseudo-Bildungsinstitute profitieren. Ginge die Erwerbsarbeitslosigkeit tatsächlich zurück, und handelte es sich diesbezüglich also nicht nur um eine perfekt inszenierte Statistik-Fälschung, dass ohnehin alles eitel Wonne sei, dann wären innerhalb kürzester Zeit diese ganzen vermeintlichen „Bildungsträger“ in Schall und Rauch aufgegangen. Eine auf derartigen Strukturen, wie sie existieren, aufgebaute Gesellschaft benötigt Erwerbsarbeitslose, um nicht nur Druck auf (noch) beschäftigte Arbeitnehmer zu machen, sondern zudem die Klientel von sogenannten „Bildungseinrichtungen“ zu „bedienen“, welche „Bildung“ bestenfalls simulieren. In diesem Zusammenhang von einer „Bildungsmafia“ zu schreiben, wie es der Autor tut, ist keinesfalls eine Übertreibung. Denn Geschäfte auf dem Rücken von Menschen auszutragen, die sich oft nicht wehren können bzw. nicht ausreichend informiert sind, ist so und so ein Skandal.
Schlussendlich ist nur mehr zu schreiben, dass erwerbsarbeitslose Menschen sich auf die Füße stellen sollten, und nicht alles mit sich machen lassen müssen. David Wieser zeigt vor, dass man sich wehren kann, auch wenn es manchmal keinesfalls einfach ist. Kurioserweise sprach ein selbsternannter „Messias“ von der mittlerweile wohlbekannten „Institution“ Phönix davon, dass auch mit Implacement-Centern zusammengearbeitet werde. Ja, das glaube ich sofort, und dies belegt, wie sich scheinbare „Bildungseinrichtungen“ oder scheinbare „Hilfestellungen“ für Erwerbsarbeitslose gegenseitig Geld zuschaufeln. Traurig nur, dass viele Erwerbsarbeitslose auf diese Schwachsinnigkeiten hereinfallen. In diesem Sinne mag die akribische Dokumentation von David Wieser (er hat auch sehr viel Schriftverkehr mit dem AMS, der AK, seinem ehemaligen „Chef“ usw. einfließen lassen) auch ein Warnsignal sein, und zur Vorsicht gemahnen, wenn es um die „Kooperation“ mit derartigen „Bildungseinrichtungen“ geht.
Mit der Volksanwaltschaft hatte der Autor übrigens letztlich positive Erfahrungen gemacht.
David Wieser: Die Bildungsmafia
Erschienen im Eigenverlag