SPÖ Parlamentsfraktion zu ALVG
Da Sie an einige (möglicherweise alle) Abgeordneten unserer Fraktion ein E-Mail betreffend ALVG gesendet haben, möchte ich dieses als Vorsitzende des Ausschusses für Arbeit und Soziales wie folgt beantworten.
Die Bundesregierung hat sich von Beginn an als primäres Ziel die Senkung der Arbeitslosigkeit und die Verbesserung der Arbeitsmarktpolitik gesetzt. Die am 4.12.2007 beschlossene Novelle zum ALVG beinhaltet eine Reihe von wesentlichen Verbesserungen. Diese Novelle ist sehr umfassend und enthält insbesondere die Einbeziehung von freien Dienstnehmerinnen und Dienstnehmern sowie Selbständigen in die Arbeitslosenversicherung.
Freie Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer sowie “ Ein-Personen-Unternehmen “ sind heute eine gesellschaftliche Realität. Umso wichtiger ist es, dass diese mit hohem Risiko für den Einzelnen behafteten Arbeits- und Beschäftigungsformen bestmöglich sozial abgesichert werden.
Schon in den Regierungsverhandlungen hat sich die SPÖ massiv für einen besseren Sozialschutz für Menschen in prekären Beschäftigungsverhältnissen eingesetzt. Nach intensiven Gesprächen mit dem Koalitionspartner ist es nun gelungen, ein Paket für die volle Absicherung der freien Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer mit 01. Jänner 2008 zu erreichen.
Sie werden ab diesem Zeitpunkt in die Arbeitslosenversicherung und in die Betriebliche Mitarbeitervorsorge einbezogen, zudem erhalten sie den vollen Schutz des Insolvenzentgeltsicherungsgesetzes und einen Anspruch auf Krankengeld ab dem vierten Tag und einkommensabhängiges Wochengeld. Weiters ist in Zukunft durch die Aufnahme in die Arbeiterkammer eine gesetzliche Interessensvertretung mit umfassendem Rechtsschutz- und Beratungsangebot an der Seite der freien Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer. Damit wird auch eine langjährige Forderung des ÖGB und der Arbeiterkammer erfüllt.
Mehr als die Hälfte aller Unternehmen in Österreich sind “ Ein-Personen-Unternehmen „. Den Selbständigen, die diese führen, wird mit der Möglichkeit des freiwilligen Einstiegs in die Arbeitslosenversicherung und der Einbeziehung in die steuerlich begünstigte Mitarbeitervorsorge („Abfertigung neu“) entscheidend geholfen.
Die seitens des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit geplante Senkung des Höchstalters für die so genannte „Jugendanwartschaft “ von 25 Jahren auf 21 Jahre konnte verhindert werden – Jugendliche bis zum 25. Lebensjahr müssen weiterhin nur eine geringere Beschäftigungsdauer als andere Arbeitslose vorweisen, um Anspruch auf einen Arbeitslosenbezug zu haben. Damit ist gesichert, dass weiterhin Wiedereinsteigerinnen und Wiedereinsteiger nach früher Geburt, Präsenz- bzw. Zivildiener und Studierende bis zum 25. Lebensjahr bereits nach 26 Wochen arbeitslosenversicherungspflichtiger Beschäftigung einen Leistungsanspruch haben.
Das Regierungsprogramm sieht unter anderem die Überprüfung von rechtlichen Hindernissen für Arbeitsuchende, die eine Weiterbildung machen wollen, vor. Gemäß der bisherigen Rechtslage galt nicht als arbeitslos, wer in einer Schule oder einem geregelten Lehrgang – etwa als ordentlicher Hörer einer Hochschule, als Schüler einer Fachschule oder einer mittleren Lehranstalt – ausgebildet wird, oder, ohne dass ein Dienstverhältnis vorliegt, sich einer praktischen Ausbildung unterzieht. Das Gesetz sieht eine nur sehr eingeschränkte Ausnahme für den Fall einer längeren Parallelität von Ausbildung und Arbeit vor.
Diese Regelung führt dazu, dass viele Arbeitslose eine begonnene Ausbildung aufgeben müssen bzw keine neue Ausbildung beginnen dürfen. Es herrscht daher für diese Arbeitslosen ein äußerst restriktiver Zugang zu Ausbildung, soweit es sich um geregelte Ausbildungen handelt, und die Teilnahme nicht im Rahmen von Maßnahmen der Nach- und Umschulung sowie zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt im Auftrag des Arbeitsmarktservice erfolgt.
Die gegenständliche Novelle bringt deutliche Verbesserungen in diesem Bereich. Insbesondere soll eine schulische oder universitäre Ausbildung dem Bezug von Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe nicht mehr entgegenstehen, wenn die dafür allgemein erforderlichen Voraussetzungen, darunter vor allem die allgemein notwendigen Versicherungszeiten, vorliegen. Die wesentliche Verbesserung liegt vor allem darin, das die bisher notwendige und nur schwer zu erreichende Parallelität von Arbeit und Ausbildung in Zukunft nicht mehr notwendig sein wird.
Abgesehen von diesen großen Kernpunkten wurden auch einige Detailfragen neu geregelt. Vor allem drei wesentliche Punkte haben für Diskussionen gesorgt und wurden von einigen Seiten auch kritisch beurteilt. Wir möchten in der Folge einen Beitrag leisten, um Sie auch über diese in der Novelle zum Arbeitslosenversicherungsgesetz vorgesehenen Aspekte eingehend zu informieren, und auf die betreffenden Themenbereiche etwas näher eingehen:
1. Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt durch Beschäftigung in SÖBs und GBPs:
Es handelt sich hierbei um arbeitsmarktpolitische Maßnahmen für Menschen, die aufgrund verschiedenster Probleme am so genannten „ersten Arbeitsmarkt“ nicht unterkommen. Diese sollen so „geschult“ bzw. trainiert werden, dass sie sich wieder an einen geregelten Tagesablauf etc. gewöhnen und voll vermittelbar werden. In diesem Zusammenhang gab es bisher eine technisch unzureichende Gesetzeslage, die der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) zum Anlass nahm, sanktionierbare Vermittlungen in sozialökonomische Betriebe etc. als rechtswidrig zu erachten.
Diese Situation musste jedenfalls korrigiert werden, da die öffentliche Hand erhebliche Mittel aus dem Arbeitsmarktbudget – also auch aus den Beiträgen der Versicherten – für die Beschäftigung in sozialökonomischen Betrieben und anderen Projekten ausgibt. Es ist aus unserer Sicht aber unbefriedigend, wenn Arbeitssuchende, die solche Trainings – im eigenen Interesse – wirklich brauchen, nur auf “ gutes Zureden “ zur Teilnahme zu bewegen sind. Daher musste eine gesetzliche Grundlage geschaffen werden, um das Arbeitslosengeld sperren zu können, wenn Arbeitslose solche Beschäftigungen in SÖBs bzw. GBPs aus unsachlichen Gründen ablehnen.
Um die Interessen der Arbeitslosen ausreichend zu wahren, was immer ein vorrangiges Anliegen der Sozialdemokratischen Fraktion gewesen ist, hat die Bundesregierung die Bestimmung zur Zumutbarkeit in den SÖBs und GBPs nachverhandelt. Die jetzt per Abänderungsantrag abgestimmte Rechtslage ist eine ausgewogene Lösung, die einerseits die Interessen der öffentlichen Hand und andererseits den Schutz der berechtigten Interessen der Arbeitslosen im Auge hat.
In Zukunft kann in solche Maßnahmen nur dann vermittelt werden, wenn dort kollektivvertragliche Mindestlöhne bezahlt werden. Außerdem wird das Arbeitsmarktservice (AMS) verpflichtet, für die Beschäftigung in diesen Projekten Qualitätsstandards zu entwickeln. Diese müssen gesetzlich verpflichtend Aussagen zur sozialpädagogischen Betreuung, zur praktischen und theoretischen Ausbildung etc. enthalten.
Für gemeinnützige Arbeitskräfteüberlassung ist vorgesehen, dass die so genannten Stehzeiten – das sind Zeiten, in denen die Arbeitslosen nicht irgendwohin zur Arbeit überlassen werden – nicht überhand nehmen dürfen und für Ausbildungs- und Betreuungsmaßnahmen genutzt werden müssen.
Ich bin überzeugt, mit der gegenständlichen Regelung einerseits ausreichende gesetzliche Grundlagen für arbeitsmarktpolitisch gebotene und begrüßenswerte Projekte schaffen zu können, andererseits die notwendigen Rahmenbedingungen sicherzustellen, dass die Interessen der Arbeitslosen in diesen Projekten beachtet und gewahrt werden.
2. Mindestverfügbarkeit von Personen mit Betreuungspflichten
Bei dieser Frage geht es vereinfacht gesagt um so genannte „Wiedereinsteigerinnen “ bzw. „Wiedereinsteiger“, die Kinderbetreuungspflichten haben. Derzeit gibt es keine Bestimmung dazu, wie viele Stunden diese dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen müssen. In diesem Sinne wurde eine gesetzliche Regelung vorgesehen, die folgendermaßen aussieht:
Personen mit Betreuungspflichten für Kinder bis zum 10. Lebensjahr bzw. für behinderte Kinder müssen dem Arbeitsmarkt 16 Stunden zur Verfügung stehen. Bei Personen mit Kindern, die älter als 10 Jahre sind, verlängert sich dieser Zeitraum auf 20 Stunden.
Die Sozialdemokratische Fraktion im Ausschuss für Arbeit und Soziales und die Arbeitnehmervertretungsorganisationen haben im Zuge der Verhandlungen großen Wert darauf gelegt, dass die Altersgrenze nun bei 10 Jahren liegt und nicht – wie vom Koalitionspartner gefordert – deutlich darunter. Es handelt sich erstmals um eine gesetzlich klare Regelung zu diesem Themenkreis, die Rechtssicherheit für die Betroffenen und für das vollziehende AMS schafft.
3. Datenschutzbestimmungen
In diesem Zusammenhang soll schließlich das Problem gelöst werden, dass das Gesetz bisher im Lichte des Grundrechtes auf Datenschutz nicht ausreichend bestimmt war. Es wurden nun gesetzliche Grundlagen und Beschränkungen für den – unbedingt notwendigen – Datenaustausch zwischen AMS und Vermittlungspartnern geschaffen, die von den Datenschutzexperten als korrekt und ausreichend erachtet wurden.
Ich hoffen, mit diesen Ausführungen zu einer klaren Darstellung beitragen zu können, und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Renate Csörgits
Vorsitzende des Ausschusses für Arbeit und Soziales
A – 1017 Wien – Parlament
Tel. + 43(1)40110/3764, Fax + 43(1)40110/3770
Anmerkung:
Gut das jetzt freie Dienstnehmer versichert sind! War schon längst Zeit! Gut auch, dass jetzt Studium oder Ausbildung mit Arbeitslosengeld möglich ist! Bin gespannt?
Ich spar mir auf alle Punkte einzugehen!
Schauen wir uns einfach an wie mit arbeitslosen Menschen umgegangen wurde/wird, viele wurden psychisch krank oder weilen nicht mehr unter uns, weil das AMS + Zwangsmassnahmen die neoliberale Verordnung von ÖVP/FPÖ/BZÖ (jetzt mit SPÖ) ohne zu hinterfragen umsetzte und die Betroffenen auch in ausweglosen Situationen extremsten Druck aussetzt(e)!
Die Aufgabe der Massnahmen! Den Willen der Betroffenen („hinsichtlich Berufswunsch“) brechen! Persönlichkeitsdressur zum „flexiblen“ Unternehmer-roboter! ohne eigene Meinung / Courage / Bedürfnisse / Wünsche!
Zerstörung des Selbstwertgefühls und des Intimbereichs! Ziel: die Unterwerfung! Arbeit anzunehmen ohne davon Leben zu können! Lohndumping! Entrechtung! gesundheitschädliche Leistungssteigerung! Nach der Maxime!
Arbeitslose sind schuldig auch ohne freie Arbeitsplätze!
SoNed ist voller menschlicher Katastrophen! Trotz Rechtswidrigkeit seitens AMS wurde vielen die Existenzgrundlage entzogen! (Rechtswidrige Bezugssperren!)
Viele Menschen (die Gesundheit) zerstört! … in den Tod getrieben! etc.
Was soll gut daran sein, dass diese Menschenverachtung ab 1.1.2008 legalisiert wird!
Netzwerk Grundeinkommen zur bedarfsorientierten Mindestsicherung (EIN Paket, das den sozialen Zusammenhang schwächt!)
Nachstehend die Pressemitteilung vom „Netzwerk Grundeinkommen“ zur bedarfsorientierten Mindestsicherung vom 10.Dezember!
LG Margit Appel
Pressemitteilung
Mindestsicherung: Kein Schutz vor prekärer Erwerbsarbeit
Netzwerk Grundeinkommen und sozialer Zusammenhalt: Buchinger muss noch an den Eckpfeilern arbeiten.
Ansonsten droht die bMS ein Sanierungsfall zu werden.
„Knapp ein Jahr vor Einführung der bedarfsorientierten Mindestsicherung (bMS) kann bereits klar gesagt werden, dass die Eckpfeiler der bisherigen Sozialhilfe auch die der bedarfsorientierten Mindestsicherung sein werden“, sagt das Netzwerk Grundeinkommen und sozialer Zusammenhalt – B.I.E.N. Austria anlässlich der heutigen Pressekonferenz von Bundesminister Erwin Buchinger und der morgigen Enquete. „Somit ist dieses Grundsicherungsmodell nicht geeignet, Basis einer modernen Sozialstaatsarchitektur zu sein“.
„Die bMS wird mitsamt ihren vielen Kontrollen und Prüfungen letztlich wieder nur so wirken wie die Sozialhilfe: Viele, die ein Recht auf bMS hätten, werden diese aus den verschiedensten Gründen erst gar nicht in Anspruch zu nehmen versuchen“, warnt das Netzwerk. Dazu werden auch die vorgesehenen Regelungen des Regress im Fall von Erbschaft und die Vermögensprüfung beitragen.
Die Bewertung der Einführung der bMS muss vor dem Hintergrund der Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt – häufige unfreiwillige Teilzeitjobs und atypische Beschäftigung, deren Einkommen nicht zum Leben reicht – geschehen. Prekäre Beschäftigung bedeutet nicht nur arm trotz Erwerbsarbeit („working poor“), sondern häufig auch eine verunmöglichte Lebensplanung, eine Dequalifikation, ein Absinken des eigenen Selbstbewusstseins und ein erhöhtes Repressionsrisiko. Daher muss das Gebot der „Arbeitswilligkeit“ als äußerst problematisch gesehen werden, so das Netzwerk.
In Bezug auf das Anliegen, Armut zu vermeiden, herrscht im Falle prekärer Erwerbsarbeit große Unklarheit: Hat eine Person mit einem über das AMS vermittelten Job über der Geringfügigkeitsgrenze, der aber nicht zum Leben reicht, einen Anspruch auf bMS? „Der vorgesehene Mindestlohn bietet für alle diejenigen keinen Schutz vor Armut, die prekär arbeiten müssen und keine Vollzeitstelle haben“, betont das Grundeinkommens-Netzwerk. „Gerade an diesem neuralgischen Punkt – prekäre Erwerbsarbeit – wäre eine funktionierende Grundsicherung notwendig“.
Das Netzwerk fordert daher, dass aufgrund von „Arbeitsunwilligkeit“ keine Streichung oder Kürzung von AlVG- und bMS-Leistungen ausgesprochen werden darf und dass im Falle eines prekären Beschäftigungsverhältnisses eine funktionierende Grundsicherung gewährleistet ist.
„Wir befürchten, dass die bMS den Lackmus-Test – Verbesserung der sozialen Rechte für Armutsgefährdete – nicht bestehen wird und sofort wieder ein Sanierungsfall sein wird. Daher sollte aus Sicht des Netzwerkes das Jahr bis zur geplanten Einführung der bMS für eine Überarbeitung genutzt werden“, so das „Netzwerk Grundeinkommen und sozialer Zusammenhalt“ abschließend. „Das entscheidende Kriterium ist dabei, diese Grundsicherung so bedingungsarm wie möglich zu gestalten.
Das „Netzwerk Grundeinkommen und sozialer Zusammenhalt – B.I.E.N. Austria“ tritt für ein bedingungsloses Grundeinkommen mit folgenden Kriterien ein: allgemein, personenbezogen, existenzsichernd und bedingungslos. Nicht ein „arbeitsloses Einkommen“ ist das Ziel, sondern nicht „jeden Job zu jedem Preis“ annehmen zu müssen und stattdessen ein Tätigsein in Freiheit, das Formen von Erwerbsarbeit wie auch unbezahlter Arbeit oder Eigenarbeit umfassen kann, zu ermöglichen.
Dem Netzwerk gehören Einzelpersonen aus den verschiedensten Bereichen (Wissenschaft, soziale Organisationen, Erwerbsloseninitiativen, Bildung) an, so
Margit Appel (Politologin), Volker Kier (Unternehmensberater), Peter Gach (Begründer einer Selbsthilfegruppe), Michaela Moser (feminist. Ethikerin), Luise Gubitzer (Ökonomin), Manfred Füllsack (Sozialwissenschafter)
Rückfragehinweis:
Margit. Appel, Koordinatorin
01-310 51 59 DW 88
Margit.appel@ksoe.at
Netzwerk Grundeinkommen und sozialer Zusammenhalt
B.I.E.N. Austria
Schottenring 35/DG
A-1010 Wien
http://www.grundeinkommen.at/